In diesem Buch liegt der Akzent auf dem Begriff der Commons (oft als Gemeingüter übersetzt). Die folgenden drei Beiträge (Helfrich, Heller und Quilligan) ordnen die Commons-Diskussion jedoch in die Gütertheorie ein, so wie sie in der klassischen Wirtschaftswissenschaft oder im konventionellen Markt/Staat-Paradigma diskutiert wird. Daher der Titel: »Gemeingüter sind nicht, sie werden gemacht« statt: »Commons sind nicht, sie werden gemacht«. – Ich danke Friederike Habermann, Heike Löschmann, Brigitte Kratzwald, Dirk Löhr, Stefan Meretz und Annette Schlemm für ihre überaus konstruktiven Anmerkungen.
Güter klassifizieren, Verwirrung ernten
Die neoklassische Wirtschaftswissenschaft teilt Güter gemeinhin in vier Gruppen. Private und öffentliche Güter, Klubgüter und Allmende- bzw. Gemeingüter. Wer versucht, die realen Dinge dieser Welt in dieser Weise zu ordnen, wird vor allem eines kultivieren: die eigene Verwirrung.
Trinkwasser etwa gilt gemeinhin als Allmendegut. Nach der neoklassischen Theorie sind Allmendegüter unter anderem dadurch definiert, dass wir um ihre Nutzung konkurrieren. Wenn ich ein Glas Wasser trinke, kann ein anderer das gleiche Wasser nicht noch einmal genießen. Ökonomen nennen diese Eigenschaft Rivalität. Äpfel, Boden oder Wasser sind rival – mehr oder weniger natürlich, da Rivalität kaum in Reinform existiert. Es geht vielmehr um unterschiedliche Grade der Konsumkonkurrenz. Die Nutzung durch eine Person schränkt die Nutzungsmöglichkeiten anderer Personen nicht »ganz oder gar nicht« ein, sondern »mehr oder minder«. In der Commons-Forschung und anderswo wird daher auch der von Elinor Ostrom geprägte, trefflichere Begriff der »subtractability« verwendet. Er verdeutlicht das Graduelle. Die Nutzungsmöglichkeiten der anderen gehen nicht zwingend durch die eigene Nutzung völlig verloren, sondern ihnen wird etwas »abgezogen«.
Anders verhält es sich mit dem Wissen oder mit Information. Beides mehrt sich durch unsere gleichzeitige und vielfache Nutzung. Ökonomen bezeichnen diese Eigenschaft als Nicht-Rivalität. Der Unterschied zwischen rivalen und nichtrivalen Ressourcen ist qualitativer Natur, und er ist unhintergehbar. Wir alle gehen täglich wie selbstverständlich mit ihm um. Wenn wir unabhängig voneinander dieselbe Sendung hören, nutzen wir ein nichtrivales Gut, da niemand mit einem anderen durch das Hören um die Sendung konkurriert. Doch wir würden kaum zugleich in denselben Apfel beißen. Wollten mehrere Menschen etwas von einem Apfel haben, müssten sie ihn teilen. Rivalität wird daher auch mit »Teilbarkeit« übersetzt.
Allmendegüter gelten also in besagter Güterklassifikation als rival. Dem gesellt sich eine andere Kategorie hinzu: die sogenannte »Exklusivität« (Ausschließbarkeit). Nach der Theorie kennzeichnet Allmendegüter, dass sie nicht ausschließbar sind. Ein großer Teil der Commons-Forschung schließt sich dieser Position an. Tatsächlich haben wir etwa alle Anspruch auf Zugang zu sauberem Trinkwasser in ausreichender Quantität. Dieser Anspruch leitet sich aus unserem Menschsein ab. Aus normativer Sicht ist es schwer, Menschen von der Trinkwassernutzung auszuschließen. Technisch gesehen hingegen gestaltet sich solch ein Ausschluss recht einfach. Man meidet Investitionen in die Wasser- und Abwasserversorgung, versiegelt oder privatisiert Quellen oder Brunnen, füllt Wasser in allerlei Behälter, um es zu oft prohibitiven Preisen zu verkaufen, oder macht Menschen abhängig von Tanklastwagen. Tatsächlich haben etwa drei Milliarden Menschen dieser Erde keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser!
Das Beispiel zeigt: Trinkwasser kann – je nach Exklusivitätsgrad – vieles werden: uns allen gemein, privat, öffentlich oder einem exklusiven Klub vorbehalten. Die Nutzungsform und damit die »Güterklasse« des Trinkwassers ist gemacht – doch offensichtlich hat sich dieser Prozess in einer allmählichen Ontologisierung unserer Wahrnehmung entzogen. Was sozial hergestellt ist, wurde (vermeintlich) zur Tatsache.
Das Wort Ontologie setzt sich zusammen aus dem griechischen Partizip on (seiend) und logos (Lehre) – es bezeichnet also die Lehre vom Sein und bezieht sich auf die grundlegende Verfasstheit der Dinge. In einem Prozess der »Ontologisierung verschwindet die menschliche Geschichte der Dinge«, befindet der Landschaftsarchitekt Frank Lorberg (Lorberg 2007: 63), denn Ontologisierung bezeichnet das Verlagern menschengemachter Verhältnisse in das uns Äußere. Verhältnisse, die stets in konkreten sozialen Situationen entstanden sind, lösen sich aus ihrem historischen Kontext1 und erscheinen letztlich ins Vorgefundene eingeschrieben, kurz: verdinglicht. Die Philosophin Annette Schlemm sieht Ontologisierungen als eine »Reduktion sich bewegender Verhältnisse oder von in Beziehung stehenden Dingen auf verdinglichte Substanzen« (Schlemm 2011). Alles wirkt, als sei es schon immer so gewesen, denn im Laufe der Zeit wird als natürlich unterstellt, was de facto historisch gewachsen und sozial hergestellt ist. Ein theoretischer Kurzschluss gewissermaßen. Dieser Prozess ist auch in der neoklassischen Güterklassifikation zu beobachten. Die theoretische Bestimmung der Allmende-/ Gemeingüter als »rival« und »nicht ausschließbar« wird Kennern der weltweiten Trinkwassersituation bestenfalls einen ernüchternden Seufzer entlocken. »Rival«? Das stimmt, zumindest mehr oder weniger. Kanada ist schließlich anders als der Sahel. Aber »nicht ausschließbar«? Schön wär’s!
Wie zusammen kam, was nicht zusammen gehört
Mathematisch knapp begründete im Jahr 1954 Paul A. Samuelson, der erste amerikanische Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften, seine Reine Theorie der Staatsausgaben. Der Wohlfahrtsökonom gilt zusammen mit dem Nestor der Finanzwirtschaft, Richard Musgrave, als Vater der »Theorie der Öffentlichen Güter«.2 In seinem vielzitierten Zweieinhalbseiter geht er »explizit von zwei Güterkategorien aus: gewöhnliche private Konsumgüter […], die unter verschiedenen Personen aufgeteilt werden können […], und kollektive Konsumgüter […], die alle gemeinsam genießen […]« (Samuelson 1954: 387). Samuelson schlägt nun die von ihm untersuchten »öffentlichen Güter« den nichtrivalen Dingen zu. Die rivalen hingegen transformieren sich in »private Güter«. Diese Verkoppelung – rival und privat einerseits, nichtrival und öffentlich andererseits – geschieht in seiner einflussreichen Arbeit unter dem Stichwort »Grundannahmen«. Das heißt: Samuelson schreibt diesen Doppelkategorien eine je eigene Logik zu: »(1) Outputs oder Güter, die jeder immer maximieren will, und (2) inputs oder Faktoren, die jeder immer minimieren will.« Hier bricht sich der reine Homo oeconomicus3 Bahn, obwohl der Autor explizit darauf verweist, dass sich viele Lebensbereiche dieser Nutzenmaximierungslogik entziehen. Das Soziale beeinflusse die Präferenzen der Einzelnen, doch sei es keine »›wissenschaftliche‹ Aufgabe der Ökonomen, auf dessen Form zu schließen« (ebd: 387). Samuelson beschränkt sich danach auf die Frage, wie Güter, um deren Gebrauch man nicht konkurriere, ausreichend bereitgestellt werden können. Der Markt als Mittler wird versagen, denn der Preis für Nicht-Rivales kann kaum durch das Spiel von Angebot und Nachfrage bestimmt werden. Deswegen werden heute Musik oder Informationen künstlich verknappt – so kann man sie »preisfähig« machen. Zur Alternative stehe das Gemeinwesen, meint Samuelson. Doch dezentrale Strukturen, in denen die Betroffenen selbst die Herstellung und Verteilung öffentlicher Güter aushandeln, führten niemals zum »ethisch erwünschten Optimum«. Verbliebe allein der Staat. Und hier geschieht eine weitere Verkürzung, die sich in Folge durch die Fachliteratur zieht:
rival und privat = vom Markt zu regeln
nichtrival und öffentlich = vom Staat zu regeln
Die Verkettung war grob, aber erfolgreich. Nach wie vor wird das, was Ökonomen als »öffentliches Gut« bezeichnen, meist dem Staat überantwortet. Andere Institutionen geraten aus dem Blick. Die Verkettung erscheint schließlich zwingend und naturgegeben, obwohl die beiden Teile durchaus voneinander scheidbar sind, ja, geschieden werden müssen.
Samuelson war sich der Komplexität seiner Suche nach der optimalen (staatlichen) Zuordnungsformel bewusst. »Die Lösung ›existiert‹«, konstatiert er, »das Problem ist, sie zu finden« (Samuelson 1954: 389). Und selbst dann könne es noch Trittbrettfahrer geben, die sich am Gemeinsamen ohne Gegenleistung gütlich tun. Hier sei wohl die Soziologie gefragt, kapituliert er und klingt dabei so resigniert wie ein passionierter Mathematiker, der an die Grenzen des Berechenbaren stößt.
»Teilen ist möglich«4
Elf Jahre später ein weiterer Paukenschlag. James McGill Buchanan, auch mit dem Nobelpreis geehrt, veröffentlicht seine Ökonomische Theorie der Klubgüter. Kurz und knapp auch diese. Keine allgemeine Theorie, begründet der Ökonom, habe bislang das ganze Spektrum von Besitz- und Konsummöglichkeiten abgedeckt. Stattdessen bleibe die Forschung auf private oder öffentliche Güter bezogen. Dabei erfülle kaum ein Gut die den öffentlichen Gütern zugeschriebene Eigenschaft »extremer Kollektivität«. De facto, weiß auch Buchanan, liege fast alles irgendwo zwischen den Extremen. Er schlägt daher vor, »jeglichen Versuch einer anfänglichen Klassifizierung oder Differenzierung von Gütern in voll teilbare und voll unteilbare« fallen zu lassen und versucht sich an einer Theorie für Güter mit »begrenztem Öffentlichkeitsgrad« (Buchanan 1965: 1-2; Hervorhebung – S.H.). Er nennt sie »Klubgüter«. Nicht »ein Nutzer« oder »die Öffentlichkeit«, sondern eine Gruppe von Nutzern greife auf sie zu. Ihr Nutzen für den Einzelnen sei somit von der Anzahl der Beteiligten abhängig. Fortan gehören die Klubgüter zur gängigen Gütereinteilung.
Im Kern, befindet Buchanan, gehe es in der Güterdebatte um »Regelungen des Teilens« – sei es nun staatlich oder kooperativ organisiert (ebd.: 4).5 Entsprechend sucht er nicht nach der optimalen staatlichen Bereitstellungs- und Verteilungsformel, sondern nach der optimalen Formel für alle jene Situationen, in denen eine begrenzte Gruppe von Menschen etwas gemeinsam nutzt. Am Beispiel eines Golfklubs beschreibt er eine seiner Grundannahmen: Die Regel – je mehr Mitglieder, umso geringer der Mitgliedsbeitrag des Einzelnen – gelte nur bis zu einer bestimmten Größe. Wird diese überschritten, komme es zur Überfüllung des Klubs wie zu einem Stau auf der Autobahn.
Das Beispiel zeigt, dass sich auch Buchanan seiner stark vereinfachten Grund-annahmen bewusst ist. Mitgliedschaften und Umweltfaktoren ändern sich. Unterschiedliche Handlungsmotivationen können kaum ins Kalkül gezogen werden. Wie Samuelson zieht er einen bemerkenswerten und weithin übersehenen Schluss: Eigentlich sei eine »Klassifikation aller Güter nur möglich, nachdem man die Lösung6 gefunden hat« (ebd: 6; Hervorhebung – S.H.). Ökonomen nach ihm haben sich – so scheint es – dieser Erkenntnis und ihren Konsequenzen verschlossen. Die Lehrbuchvariante der Güterklassifikation, mit der alle Erstsemester vertraut sind, präsentiert sich nach wie vor so:
Die menschliche Geschichte in den Dingen
Betrachten wir als Beispiel ein »öffentliches Gut«: den Deich. Er gilt als nicht teilbar, da der Nutzen des rechten Flussanrainers jenen des linken Flussanrainers nicht mindert. Daher erhält er den Rivalitätsgrad Null. Zudem schütze ein Deich alle, so wie der Leuchtturm allen die Richtung weist, ganz gleich ob Steuerzahler oder nicht. Die technische (oder normative) Schwierigkeit, jemanden von der Nutzung eines Gutes auszuschließen, sei – wie schon gesehen – Merkmal öffentlicher Güter. Dabei könnte ein Deich auch von privaten Unternehmen gebaut, ein Teil der Baukosten auf die Anlieger umgelegt und die säumigen Zahler vom Hochwasserversicherungsschutz ausgeschlossen werden. Auf die Praxis kommt es an.
Der Direktor des Max-Planck-Instituts für Gemeinschaftsgüter in Bonn, Christoph Engel, beschreibt in einer Analyse zur sozialen Funktion des Eigentums, worauf die Idee der Ausschließbarkeit gründet. So sei es etwa technisch schwierig, Luft »in Säcke [zu] packen und sein tägliches Quantum Atemluft auf dem Wochenmarkt zu kaufen«. Oder die klare Zuweisung individueller Eigentumsrechte sei technisch möglich, aber zu teuer, oder sie sei technisch möglich, aber gesellschaftlich nicht durchsetzbar. Man vergegenwärtige sich die Idee, menschliche Organe für dringend benötigte Transplantationen zur Handelsware zu machen. Doch dann bringt es Christoph Engel auf den Knackpunkt: »Keiner dieser Fälle muss auf Dauer unabänderlich bleiben. Was technisch heute ausgeschlossen ist, kann durch eine Erfindung morgen möglich werden. Was heute zu teuer ist, kann morgen ertragreich erscheinen. […] Durch technische oder institutionelle Innovation kann die Errichtung der Verfügungsrechte billiger geworden sein. Normative Überzeugungen können sich wandeln« (Engel 2002: Teil 6).
Schon Buchanan argumentierte entsprechend: »Physischer Ausschluss ist, sofern die Eigentumsgesetze flexibel genug sind, in fast allen vorstellbaren Fällen möglich« (Buchanan 1965: 13).
Exklusivität ist also abhängig von den konkreten Verhältnissen, von dem, was wir als Handelnde in der Lage sind zu tun und was wir entscheiden. Man könnte es auch so ausdrücken: Ein Gemeingut besitzt nicht die Eigenschaft der Nicht-Exklusivität, es erhält sie.
Kaum jemand hat die potentielle Tragweite dieses Prozesses vielsagender ins Bild gesetzt als der amerikanische Cartoonist Matthew Groening, Schöpfer der Kultserie »Die Simpsons«. Die Simpsons wohnen in einem merkwürdigen Nest namens Springfield. Die Bürger und Fabriken Springfields werden mit dem Strom eines Atomkraftwerks versorgt, das dem skrupellosen Milliardär Charles Montgomery Burns gehört. Burns’ Herz – so lerne ich aus der Simpsonspedia – sei »schwarz und verschrumpelt«. Das nimmt nicht wunder, schließlich hegt er eine heftige Abneigung gegen die Sonne, die die Bewohner Springfields kostenlos mit Energie versorgt. Im ersten Teil der berühmten Doppelfolge »Wer erschoss Mister Burns?« kommt Burns auf die Idee, die Sonne mit einer großen Glocke über der Stadt zu verdunkeln und das Sonnenlicht »ausschließbar zu machen«.
Jenseits der Güterklassifikation
Seit den 1960er-Jahren hat sich die Gütertheorie erheblich ausdifferenziert. Vom Güterkontinuum ist die Rede, allerlei Subkategorien sind hinzugekommen – reine und unreine öffentliche Güter, freie Güter und vieles mehr. Zur konzeptionellen Neuorientierung hat das kaum beigetragen. Die groben Verkettungen und Grund-annahmen Samuelsons sind ebenso geblieben wie die weitgehende Unsichtbarkeit der menschlichen Geschichte in den Dingen. Auch die Verwirrung jener, die das, was wir in der realen Welt vorfinden, in der oben abgebildeten Tabelle »unterbringen« wollen, wird nicht minder. Wer versucht, die vielfältigen Ressourcen, die aktuell ein »Commons-Label« tragen, den Kriterien der »Rivalität« und »Nicht-Exklusivität« zuzuordnen, wird begreifen müssen, dass das so einfach nicht geht.
In der Commons-Diskussion werden sowohl natürliche und erschöpfbare Dinge wie Wasser, Land und Wald als auch erneuerbare, soziale und kulturelle Dinge wie Saatgut, Algorithmen, Software, der öffentliche Raum oder das elektromagnetische Spektrum als einer Gruppe von Menschen gemeinsam zugehörig betrachtet; nicht wegen ihrer vermeintlichen Eigenschaften im neoklassischen Sinne, sondern schlicht weil sie für unser Leben elementar sind. Auch die Art, wie Ressourcen gesellschaftlich verfügbar gemacht werden, bestimmt sie als Gemeinressourcen. Wir haben sie entweder ererbt oder (oft über Jahrhunderte) kollektiv hergestellt. Das macht Dinge zu dem uns Gemeinsamen und prädestiniert sie dafür, Gemeingut und nicht Privatgut zu werden. Ob wir also den Apfel, das Wasser und das Wissen zum Gemeingut machen, ist unsere Entscheidung.
Bei der konkreten Aushandlung gemeinsamer Zugangs- und Nutzungsregeln ist dabei der Rivalitätsgrad von Belang, denn er führt zu unterschiedlichen Konventionen im Umgang mit einer Sache. Bei rivalen Gütern bedarf es der Zugangsbegrenzung – jeder pflückt nur so viel vom Baum, wie er in seinen Händen wegtragen kann.7 Bei nicht rivalen Gütern garantiert nur freier Zugang (»Open Access«) deren Entfaltung zum größten Nutzen aller. Unbegrenzter Zugang zerstört sie nicht!8 Exklusivität hingegen ist vorwiegend sozial hergestellt. Wir haben es in der Hand, ob wir einen Apfel (genauer die Apfelbäume) zum Gemeingut machen oder ob der Zugang zu den Äpfeln stets den Umweg über den Markt nehmen muss. Erst diese Entscheidung bestimmt, ob sie der Gruppe der Gemein-, jener der Klub- oder jener der Privatgüter zuzuordnen sind.
Deswegen können wir getrost die berühmte Güterklassifikation mit respektvoller Distanz betrachten. Wir können sie im Hegel’schen Sinne »aufheben« – das heißt zunächst: beiseite tun, dabei das uns Nützliche bewahren und auf einer neuen Stufe fortentwickeln. Vor allem aber können wir unsere Energie auf die Frage richten, was wir mit unseren gemeinsamen Ressourcen tun wollen. Das ist der entscheidende Punkt, denn Gemeingüter sind nur, wenn wir sie herstellen. Sie bleiben nur, wenn wir sie pflegen.
Literatur
- Buchanan, James M. (1965): »An Economic Theory of Clubs«, in: Economica, New Series, 32/125, Feb., 1965, S. 1-14.
- Engel, Christoph (2002): »Die soziale Funktion des Eigentums«, in: von Danwitz/ Depenheuer/Engel: Bericht zur Lage des Eigentums, Berlin, S. 9-107.
- Lorberg, Frank (2007): Metaphern und Metamorphosen der Landschaft. Die Funktion von Leitbildern in der Landespflege. Notizbuch der Kasseler Schule, Bd. 71, Hg.: AG Freiraum und Vegetation, Kassel.
- Samuelson, Paul A. (1954): »The Pure Theory of Public Expenditure«, in: The Review of Economics and Statistics, Vol. 36 (4), S. 387-389.
- Schlemm, Annette (2011): Ontologisierungen in der Gesellschaftstheorie, online unter: http://philosophenstuebchen.wordpress.com/2011/06/10/ontologi sierungen-in-der-gesellschaftstheorie/ (Zugriff am 10.07.2011).
- Zum historischen Begriff der Allmende vergleiche den Beitrag von Hartmut Zückert in diesem Buch (Anm. der Hg.). ↩
- Zur Unterscheidung zwischen öffentlichen Gütern und Gemeingütern siehe den folgenden Beitrag von James Quilligan (Anm. der Hg.). ↩
- Vergleiche dazu den Artikel von Friederike Habermann in diesem Buch (Anm. der Hg.). ↩
- Das Zitat bezieht sich auf die Nutzung eines Paars Schuhe: »Wie dem auch sei, in einem endlichen Zeitraum ist Teilen möglich, selbst von so offensichtlich privaten Gütern.« (Samuelson 1954: 3). ↩
- Buchanan bezieht diesen Gedanken nur auf Dinge, die als ökonomisches Gut genutzt werden. Freiwilliges Teilen gehöre nicht in diese Kategorie. ↩
- Etwa die optimale Gruppengröße und angemessene Nutzungsregeln. ↩
- Siehe dazu den Beitrag von Katharina Frosch in diesem Buch (Anm. der Hg.). ↩
- Siehe dazu insbesondere Kapitel IV (Anm. der Hg.). ↩