George Por – Commoning lernen

George Por

»Woran würden wir erkennen, dass wir Commoning betreiben?«, fragte mich eine junge Frau in einer »Open Space«-Session, zu der ich eingeladen hatte. Das war beim »Contact Summit« 2011, einer Unkonferenz (ein Treffen, dessen Inhalte von den Teilnehmern selbst generiert werden), die parallel zu den »Occupy Wall Street«-Protesten im Oktober 2011 in New York stattfand. In der Einladung zitierte ich das Motto unserer Schule: »Bildung für eine Kultur der Commons und für soziale Erneuerung.« Ich fuhr fort: »Eine Commons-Kultur zu schaffen bedeutet, alle unsere Institutionen neu zu erfinden, um dem Ganzen zu dienen, nicht nur einer kleinen Minderheit. Lasst uns herausfinden, was Commoning beitragen kann, um das zu erreichen.«
Schlüsselressource eines jeden Ad-hoc-Lernprozesses zu den Commons sind die Fragen, die die Teilnehmenden umtreiben. Wir erkennen in solch einem Prozess, »dass wir Commoning betreiben«, wenn eine Themenliste – eine Sammlung von Fragen, die den Menschen unter den Nägeln brennen – entsteht und gepflegt wird, wenn wir gemeinsam und handlungsorientiert daran arbeiten, diese Themen zu analysieren und anzupacken. In dem Open Space des Contact Summit 2011 haben wir begonnen, den Fragen der Teilnehmer über Commoning nachzugehen und uns mit der ersten der drei Phasen des Commoning auseinanderzusetzen:

  1. Commoning bedeutet in seiner einfachsten Form, etwas gemeinsam zu schaffen und zu pflegen. Es ist die Gesamtheit der Praktiken des Managements geteilter Ressourcen und der Wiederaneignung der Commons.
  2. Commoning ist der Schritt vom Ich zum Wir. Er versetzt Menschen in die Lage, als kokreative kollektive Einheiten zu denken, zu fühlen und zu handeln, ohne die je individuelle Autonomie aufzugeben.
  3. Commoning ist die Anerkennung der inhärenten Verbundenheit der Menschheit und ermöglicht, unseren individuellen und kollektiven »Schwerpunkt« damit in Einklang zu bringen.

Unsere School of Commoning ist ein auf Commons gegründetes Unternehmen mit sozialer Verantwortung. Es wurde nach britischem Recht in der Rechtsform einer »Community Interest Company« (CIC, etwa: gemeinnütziges Unternehmen) gegründet. Unternehmenszweck ist es, individuelle und kollektive Kompetenzen zu stärken, die dazu beitragen, Commons aller Art – natürliche, kulturelle und intellektuelle – zu schaffen, zu schützen und geeignete Governance-Formen für sie zu finden.
Unsere Kampagne für Commons-Kompetenz umfasst Workshops, Seminare, Klausurtagungen, Online-Kurse, ein Commoning-Spiel und die Produktion von gedruckten Bildungsmaterialien und Videos. Die Schule bietet zudem Trainingsprogramme für Commons-Moderatoren und maßgeschneiderte Lehrpläne für Hochschulen an.
Wir pflegen einen wikibasierten Wissensgarten mit einer der größten Sammlungen von auf Commons bezogenen nichtakademischen Inhalten aus aller Welt. Darin gibt es eine Reihe Materialien, die der Commons-Bewegung und den Fragen des Übergangs zu einer auf Commons gegründeten Gesellschaft gewidmet sind, sowie eine auf Fragen aufgebaute Einführung für Menschen, die sich an das Thema herantasten. Der Wissensgarten steht unter einer Creative-Commons-Lizenz1, so dass die Nutzerinnen und Nutzer die Dokumente durchstöbern, zitieren, wieder nutzen und neu zusammenstellen sowie weitere Materialien hinzufügen können. Schließlich veranstalten wir regelmäßig ein »Commoning Café« in London und demnächst auch in anderen Städten der Welt. Das Café ist als Networking-Veranstaltung gedacht und dient vielen als erster Zugang zur Welt der Commons.

Ziel unserer Serie »Commons in Aktion« ist die Unterstützung der (Entstehung neuer) Commons. Jede Veranstaltung ist einem bestimmten Bereich der sozialen Reproduktion gewidmet – etwa Bildungs-Commons, Städtische Gemeingüter, Gesundheits-Commons, Finanz-Commons. Wir schaffen in zwei Schritten einen Impuls für den Aufbau von Beziehungen. Zunächst gibt es ein abendliches Treffen interessierter Menschen, die in einem bestimmten Sektor arbeiten. Dem folgt ein auf ein bestimmtes Projekt fokussierter gemeinsamer Arbeitstag, der das Entstehen neuer Commons fördert.
Neben unserer Beratungsarbeit, die von einem Netzwerk internationaler Theoretiker und Praktiker unterstützt wird, gibt es »Commoning News«, den E-Mail-Newsletter unserer Schule. Er soll zu einem Magazin ausgebaut werden und den zum Thema arbeitenden Organisationen sowie der breiteren Commons-Bewegung als Plattform dienen.
Commoning heißt auch: in Partnerschaften arbeiten. Wer immer eine Kooperation mit der School of Commoning ausloten möchte, findet uns hier: http:// www.schoolofcommoning.com/

Video

Voices from the Commons, online unter: http://www.youtube.com/watch?v=Pw o5KacwmVE (Zugriff am 06.12.2011).

  1. Zu Creative Commons und den CC-Lizenzen siehe den Beitrag von Mike Linksvayer in diesem Buch (Anm. der Hg.).
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