Thomas H. Greco – Die Rückeroberung der Kredit-Allmende

Auf dem Weg zur Schmetterlings-Gesellschaft

Thomas H. Greco

Die Schlagseiten des Geldsystems

Lokale Währungen und alternative Tauschsysteme haben heute einen festen Platz in der Presse. Selbst Mainstream-Publikationen wie das Wall Street Journal, der Guardian oder der Spiegel sowie regionale und nationale Fernsehsender befassen sich inzwischen mit diesen Themen. Dabei wird zumeist über Projekte berichtet, die den lokalen Geldkreislauf stärken und den Abfluss von Kaufkraft aus einer Region vermeiden wollen, um die Lebensfähigkeit kleiner Betriebe zu stärken und deren Aussichten im Konkurrenzkampf gegen große Unternehmensketten zu verbessern.

Das ist nur zu begrüßen – und doch geht es an dem Problem vorbei, an dem unsere Gemeinschaften und unsere Welt kranken. Viele der Missstände, mit denen wir konfrontiert sind, hängen mit der Natur des Geldes und mit den Mechanismen zusammen, durch die Geld vom seit jeher mächtigsten Kartell erschaffen und verteilt wird. Gemeint ist das globale Geld- und Bankenregime: Es ist auf die Konzentration von Macht und Reichtum ausgelegt.

In jeder entwickelten Volkswirtschaft ist Arbeit hoch spezialisiert; wir stellen nur sehr wenig von dem, was wir zum Leben brauchen, selbst her. Zwangsläufig sind wir daher auf den Austausch von Waren und Dienstleistungen angewiesen, doch der direkte Tauschhandel ist ineffizient, und er setzt das Zusammenfallen von Angebot und Nachfrage voraus: »Ich habe etwas, was du möchtest, und du hast etwas, was ich möchte.« Wenn ich aber nichts besitze, was der andere brauchen könnte, ist ein solcher Tauschhandel unmöglich. Aus diesem Grund wurde das Geld erfunden. Geld ist zunächst und vor allem ein Tauschmedium, eine Art Statthalter, mit dessen Hilfe ein Verkäufer einem Käufer etwas Werthaltiges liefern kann, um sich dann im Tausch gegen das erhaltene Geld von einem Dritten etwas zu beschaffen, das er oder sie benötigt.
Früher wurden verschiedene Waren oder Gegenstände von allgemeinem Gebrauchswert als Tauschmedien verwendet. Nehmen wir an, ich selbst hätte keine Verwendung für Tabak, weiß aber, dass viele andere Tabak begehren, dann könnte ich Tabak als Bezahlung für die von mir angebotenen Äpfel akzeptieren. Dasselbe gilt für Gold und Silber, die mit der Zeit bevorzugt als Tauschmittel eingesetzt wurden.
Geld hat sich über lange Zeit fortentwickelt, es ist längst keine »Sache« mehr. Es ist Kredit innerhalb eines aus Konten bestehenden Systems. Dieser Kredit manifestiert sich hauptsächlich in Form von »Bankeinlagen« und nur sekundär und in weitaus geringeren Mengen als Banknoten. Jede Landeswährung wird durch den kollektiven Kredit aller Bürger gestützt, die gesetzlich dazu verpflichtet sind, diese Währung zu akzeptieren.

Wir haben heute die Privatisierung der Kredit-Allmende längst zugelassen. Wollen wir Zugang zu ihr erhalten, müssen wir eine Bank bitten, uns Geld zu »leihen«. Mit anderen Worten: Damit Geld entsteht, muss sich jemand verschulden. Tatsächlich aber wird nichts verliehen; Banken erschaffen Geld einfach auf Grundlage des Rückzahlungsversprechens des Kreditnehmers. Oder, wie ich es auszudrücken pflege: Wir überlassen unseren kollektiven Kredit den Banken und bitten sie anschließend, uns einen Teil davon wieder auszuleihen – einen Gefallen, für den wir ihnen dann auch noch Zinsen bezahlen.

Die Folge ist chronischer Geldmangel im produktiven Sektor der Wirtschaft, während gleichzeitig die Zentralregierungen freigebig mit Geld versorgt werden, um mittels Defizitfinanzierung Kriege, Rettungspakete und andere unproduktive Maßnahmen zu finanzieren.
Der bedenklichste Aspekt des gegenwärtigen globalen Geldsystems aber ist der eingebaute Zwang, kontinuierlich Wachstum zu erzeugen. Ich nenne dies den Wachstumsimperativ. Er beruht darauf, dass Geld auf der Basis verzinster Schulden erschaffen wird, so dass die geschuldete Summe mit der Zeit automatisch steigt. Da aber der Zinseszins exponentiell wächst, nimmt die Schuldensumme nicht mit gleichmäßiger, sondern mit sich beschleunigender Geschwindigkeit zu. Um nicht zu kollabieren, ist das weltweite Geldsystem daher auf die kontinuierliche Ausweitung der Verschuldung angewiesen. Die Boom- und Pleitezyklen, von denen wir schon so viele erlebt haben, werden immer extremer und der unausweichliche Wettbewerb der Kreditnehmer um Zugang zu den unzureichenden Kapitalvorräten führt zu einem fortschreitenden Raubbau an der Natur und zu sich stetig verschärfenden sozialen Ungleichheiten.

Die Kredit-Allmende ist der bislang am wenigsten beachtete Teilbereich der Debatte um Gemeingüter, zugleich aber auch der wichtigste, denn Kredite stellen die Grundlage und Substanz des modernen Geldsystems dar, und Geld wiederum ist unerlässlich für den reibungslosen Austausch von Waren und Dienstleistungen. Wer auch immer das Geldsystem kontrolliert, kontrolliert damit praktisch den gesamten Bereich des Materiellen. Die Privatisierung der Kredit-Allmende hat nicht nur einigen Wenigen ermöglicht, die Massen auszubeuten, sie hat auch die Expansion des Ökonomischen über jedes vernünftige Maß hinaus angetrieben und weltweit die Auseinandersetzungen um die Kontrolle über die Ressourcen weiter angeheizt.

Früher basierten die Strukturen der Macht auf einer engen Verflechtung zwischen politischer und geistlicher Gewalt. Kaiser, Könige und Fürsten legitimierten ihre Herrschaft mit dem Verweis auf die religiöse Hierarchie. Solange die Menschen glaubten, für ihr Heil und den Eintritt in den »Himmel« der Kirche und ihrer Priester zu bedürfen, nahmen sie den Status quo klaglos hin. In dem Maße aber, wie sich dieser Glaube änderte, verlor die geistliche Macht allmählich an Einfluss. Heute beruhen die Strukturen der Macht auf der engen Verflechtung zwischen politischer und finanzieller Gewalt. Selbst in nominell demokratischen Ländern sind es die großen Banken und Finanziers mit ihren Helfershelfern inden Medien, im Bildungs- und Gesundheitswesen und anderswo, die die politische Elite auswählen und die öffentliche Politik bestimmen. Solange die Menschen auf das Geld angewiesen sind, das die Banken ihnen für ihre materielle »Erlösung« und den Zugang zum »Guten Leben« zur Verfügung stellen, werden Menschen immer tiefer in die Schuldenspirale gezogen.
Der Zins, den wir entrichten müssen, wenn wir unseren Kredit von einer Bank »leihen« wollen, ist beileibe nicht das einzige Problem. Ein weiteres ist die Inflation der Geldmenge, die mit der staatlichen Defizitfinanzierung einhergeht. Die meisten Regierungen geben permanent mehr aus, als sie einnehmen. Dadurch entziehen sie der Volkswirtschaft realen Wert im Tausch gegen Scheingeld, das die Banken unter dem Deckmantel des Gesetzes für sie erschaffen. Diese Entwertung der Währung führt auf dem Markt unweigerlich zu höheren Preisen für lebensnotwendige Waren und Dienstleistungen. Zu diesen Belastungen kommen noch obszön hohe Gehälter, Boni und Abfindungen, die sich die Beteiligten selbst dafür auszahlen, dass sie das System aufrechterhalten.

Wer bereit ist, genau hinzuschauen, für den ergibt sich ein glasklares Bild: Das herrschende Geld- und Bankensystem bringt für die Menschen und das Leben auf der Erde unsägliche Ungerechtigkeiten mit sich. Dieses System kann nicht reformiert werden, es kann nur überwunden, sprich transzendiert werden.

Transzendenz ist möglich

Die gute Nachricht ist, dass wir nicht Opfer eines Systems bleiben müssen, das ganz offenkundig zu unserem Nachteil wirkt. Wir haben es in den Händen, die Kontrolle über die Kredit-Allmende zurückzugewinnen. Wir können das auf friedlichem Wege tun und ohne das bestehende Finanzregime direkt anzugreifen. Dazu muss nur jeder von uns die Kontrolle über seinen eigenen Kredit ausüben und ihn auf die Unternehmen und Personen übertragen, die das verdient haben (sowie jenen entziehen, die das nicht verdient haben). Mit anderen Worten: Wir müssen unsere Fähigkeiten und Energien den Dingen zukommen lassen, die das Allgemeinwohl sowie die Resilienz, Nachhaltigkeit und Eigenständigkeit von Gemeinschaften stärken.

Wir sind auf die ständige Jagd nach Geld konditioniert, um uns selbst und unsere Familien mit den materiellen Notwendigkeiten des Lebens zu versorgen. Aber Geld ist auch zu einem Instrument der Macht geworden, eine Einrichtung, die einigen wenigen die Möglichkeit gibt, den Lauf der Dinge zu kontrollieren. Solange wir dem Streben nach Geld verfallen bleiben, sind wir nichts weiter als Marionetten, die dem Willen der Puppenspieler folgen – jener kleinen Elite, die (im besten Fall) auf der Basis eines eng begrenzten Eigeninteresses, fehlerhafter Annahmen und maßloser Verblendung heraus agiert.
Vielleicht werden wir ja eines Tages Licht am Ende des Tunnels sehen, aber darauf zu warten, können wir uns eigentlich nicht leisten. Wir müssen teilen, kooperieren und lernen, uns neu zu organisieren. Auf diese Weise können wir das hervorbringen, was ich als »Schmetterlings-Gesellschaft« bezeichne.

Lokale Währungen und Tauschsysteme sind unerlässlich für die Stärkung von Gemeinschaften und Individuen, aber sie müssen auf eine Art und Weise gestaltetsein, dass sie unsere Abhängigkeit vom politischen Geld sowie von den Banken verringern. In den letzten Jahrzehnten sind rund um die Welt zahlreiche lokale Währungssysteme entstanden. Auch wenn sie dazu beigetragen haben, das Konzept in der Öffentlichkeit besser bekannt zu machen und neue Ansätze zu denken, sind doch die meisten nicht auf die Rückgewinnung der Kredit-Allmende ausgelegt. Daher ist es mir so wichtig, zu verdeutlichen, dass eine Währung in den Verkehr gebracht und ausgegeben werden muss, statt für Geld verkauft zu werden. Denn der Eintausch einer lokalen Währung gegen Bargeld, gegen politisches Geld, bedeutet: die Kredit-Allmende in den Händen der etablierten Banken zu belassen. Private Tauschmittel sollten allein auf der Basis erzeugter Werte ausgegeben und zwischen lokalen Produzenten ausgetauscht werden, insbesondere den kleinen und mittleren Unternehmen, die das Rückgrat jeder Ökonomie bilden.
Es ist durchaus möglich, ein völlig neu strukturiertes Geld-, Banken- und Finanzsystem zu organisieren, eines, das zinsfrei und dezentralisiert ist und nicht von Banken oder Zentralregierungen kontrolliert wird, sondern von den Unternehmen und Einzelpersonen, die sich gemeinsam in bargeldlosen Handelsnetzwerken organisieren.

Jede Gruppe von Handelstreibenden kann vereinbaren, ihren kollektiven Kredit innerhalb der Gruppe und zinsfrei zu vergeben. Genau genommen handelt es sich dabei nur um eine Ausweitung der gebräuchlichen Geschäftspraxis, Waren auf Rechnung zu verkaufen: »Ich liefere Ihnen die Waren jetzt und Sie bezahlen mich später.« Nur mit dem Unterschied, dass die Praxis nicht bilateral, sondern innerhalb einer Gemeinschaft vieler Käufer und Verkäufer angewendet wird. Geschieht das in ausreichend großem Maßstab und unter Einbeziehung einer breit gefächerten Palette von Waren und Dienstleistungen, können solche Systeme die den herkömmlichen Geld- und Bankenregimen inhärenten Dysfunktionalitäten vermeiden. Und sie können den Weg zu harmonischeren und gegenseitig vorteilhaften Beziehungen ebnen, die wiederum ein nachhaltiges Haushalten und eine wahre ökonomische Demokratie überhaupt erst ermöglichen.

Gegenseitige Kreditverrechnung statt Geld

Das ist kein phantastisches Hirngespinst, sondern vielmehr bewährte Praxis. Als gegenseitige Kreditverrechnung bezeichnet, wird sie von vielen Hunderttausend Unternehmen weltweit bereits genutzt. Diese Unternehmen, die einer der zahlreichen kommerziellen »Tauschbörsen« angehören, erbringen die für den bargeldlosen Handel erforderlichen Buchhaltungs- und sonstigen Dienstleistungen. In diesem Prozess bezahlen die Dinge, die Sie verkaufen, für die Dinge, die Sie kaufen, unter Verzicht auf Geld als intermediäres Tauschmittel. Statt Dollars oder Euros nachzujagen, benutzt man das, was man hat, um für das zu bezahlen, was man benötigt. Im Gegensatz zum traditionellen Tauschhandel, der auf ein Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage zweier Händler angewiesen ist, die etwas besitzen, was der andere möchte, erlaubt die wechselseitige Kreditverrechnung die Verrechnung von Handelskrediten. Das entspricht gewissermaßen einer internen Währung, mit der die Mitglieder eines solchen Systems Waren und Dienstleistungen an andere verkaufen bzw. von diesen erwerben. Schätzungen zufolge gibt esweltweit mehr als 400.000 Unternehmen, die auf diese Weise jährlich Waren und Dienstleistungen im Wert von über zwölf Milliarden US-Dollar bewegen, ohne sich dabei einer offiziellen Landeswährung zu bedienen.

Das vielleicht beste Beispiel einer solchen Kreditverrechnungsbörse, die seit vielen Jahrzehnten erfolgreich besteht, ist die aus der WIR Wirtschaftsring-Genossenschaft hervorgegangene schweizerische WIR Bank. Die 1934 während der Weltwirtschaftskrise als Selbsthilfeorganisation gegründete Wirtschaftsring-Genossenschaft bot ihren Mitgliedern die Möglichkeit, trotz der geringen Liquidität in Franken weiter untereinander Handel zu treiben. Seit einem Dreivierteljahrhundert ist die (zwischenzeitlich in WIR Bank umbenannte) Genossenschaft in guten wie in schlechten Zeiten weiter gewachsen. Heute zählt die Bank über 60.000 Mitglieder in der gesamten Schweiz, die jährlich Waren und Dienstleistungen im Wert von rund zwei Milliarden US-Dollar untereinander handeln und ihr Geschäfte nicht in Schweizer Franken, sondern in einer eigenen Verrechnungseinheit namens »WIR-Kredit« abwickeln.

Eine friedliche Revolution bahnt sich an

Die Herausforderung für jedes derartige Netzwerk liegt natürlich darin, so groß zu werden, dass es für seine Mitglieder nützlich wird. Je größer das Netzwerk, desto mehr Möglichkeiten gibt es, Geschäfte bargeldlos abzuwickeln. Am Anfang mag es einiger Unterstützung bedürfen, aber in dem Maße, wie die Mitglieder einander entdecken und erfahren, was die anderen anzubieten haben, werden die Vorteile der Beteiligung am Netzwerk offenkundiger und attraktiver. Wie Facebook, Twitter, My Space und andere soziale Netzwerke werden sie schließlich exponentiell wachsen – und damit den Beginn einer fundamentalen Verschiebung in den politischen wie ökonomischen Machtverhältnissen markieren. Es wird eine friedliche und stille Revolution sein, nicht durch Massendemonstrationen oder Appelle an die Politik ausgelöst, sondern dadurch, dass eine gemeinschaftliche Macht zur Geltung kommt, die uns bereits gehört – indem wir mit unseren Ressourcen gegenseitig unsere Produktivität fördern und dort Kredite vergeben, wo sie gebraucht werden.
Ein Kreditverrechnungsnetzwerk, das offen, transparent und demokratisch ist, hat für die Mitglieder zahlreiche Vorteile:

  • eine zuverlässige und partnerschaftliche Quelle für zinsfreie Kredite, die von der Gemeinschaft kontrolliert werden;
  • weniger Bedarf an knappen Dollars, Euros, Pfund, Franken oder anderen politischen Währungen;
  • ein stabiles und nachhaltiges Zahlungsmittel;
  • höhere Umsätze;
  • eine loyale Kundenbasis;
  • verlässliche Lieferanten;
  • eine wohlhabendere und lebenswertere Gemeinschaft.

Was wird nötig sein, damit auf Reziprozität basierende Kreditverrechnungsnetzwerke sich so ausbreiten, wie die sozialen Netzwerke das vorexerziert haben? Das ist die entscheidende Frage. Eine Antwort darauf steht noch aus. Die WIR Bank ist zwar ein Erfolgsmodell, scheint aber bewusst klein gehalten und von der Ausbreitung über die Schweizer Grenzen hinaus abgehalten worden zu sein. Und der kommerzielle »Tauschsektor« wächst zwar seit über 40 Jahren beständig und hat ein nominell beachtliches Niveau erreicht, im Vergleich zur Gesamtwirtschaft ist sein Volumen aber noch immer verschwindend gering.

So, wie sie heute betrieben werden, sind kommerzielle Bartersysteme (Tauschringe) selbstbegrenzend. Sie bürden ihren Mitgliedern zumeist erhebliche Lasten auf. Dazu gehören hohe Teilnahmegebühren, ausschließliche Mitgliedschaften, eine begrenzte Menge und Vielfalt an verfügbaren Waren und Dienstleistungen innerhalb der einzelnen Tauschbörsen, der Einsatz proprietärer Softwareprogramme und eine zu geringe Standardisierung der Abläufe, was die Möglichkeiten der Mitglieder einer Tauschbörse zum Handel mit Mitgliedern anderer Tauschbörsen erheblich beschränkt.

So gut wie alle kommerziellen Tauschringe sind klein, lokal begrenzt und werden von gewinnorientierten Unternehmen organisiert. Kleinheit, lokale Kontrolle und Unabhängigkeit sind zwar erstrebenswert, aber ein neues, umfassendes Tauschsystem aufzubauen erfordert mehr. Was die Welt heute braucht, ist ein Zahlungsmittel, das zwar lokal kontrolliert wird, aber global nützlich ist. Es muss den Mitgliedern lokaler Tauschnetzwerke die Möglichkeit geben, kostengünstig und mit geringem oder gar keinem Risiko Handel mit Mitgliedern anderer Tauschringe zu treiben.
Wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind, kann sich meiner Meinung nach der bargeldlose Handel auf Grundlage wechselseitiger Kreditverrechnung flächendeckend durchsetzen:

  1. Die Mitglieder sollten im Netzwerk nicht nur langsam umlaufende Waren und Luxusdienstleistungen anbieten, sondern ihre gesamte Palette an Waren und Dienstleistungen, und zwar zu ihren üblichen Preisen. Das wird interne Handelskredite wertvoll und wirklich nützlich machen.
  2. Wie jeder Netzbetreiber sollten auch die Betreiber von Tauschbörsen die Mitgliedschaft für alle öffnen und sie an möglichst wenige Bedingungen knüpfen.
  3. Kreditlinien (Überziehungsprivilegien) müssen entsprechend der Fähigkeit und Bereitschaft der einzelnen Mitglieder zur Durchführung von Tauschgeschäften festgelegt werden, etwa nach Stand der bisher von ihnen getätigten Verkäufe innerhalb des Netzes.
  4. Tauschbörsen müssen für und durch die Mitglieder auf transparente, offene und für Anregungen empfängliche Weise betrieben werden.
  5. Die Mitglieder müssen ihrer Pflicht nachkommen, die mit dem Management der Tauschbörsen beauftragten Personen ausreichend zu überwachen und anzuleiten.
  6. Der Betrieb der Tauschbörsen muss so weit standardisiert werden, dass die internen Werte der Kredite verschiedener Tauschbörsen miteinander vergleichbar werden und bleiben.

In dem Maße, wie geldlose Tauschbörsen diese Anforderungen erfüllen, werden sie zu Modellen, denen andere Tauschsysteme folgen. Dann wird eine Phase des rapiden Wachstums einsetzen und mit der Zeit ein globales Handelsnetzwerk entstehen, das Geld überflüssig macht und die Entwicklung einer freieren, harmonischen Gesellschaft ermöglicht.

Literatur

Greco, Jr., Thomas H. (2009): The End of Money and the Future of Civilization, Edinburgh.
Greco, Jr., Thomas H./Megalli, Theo (2005): An Annotated Précis, Review, and Critique of Prof. Tobias Studer’s WIR and the Swiss National Economy, online unter: http://reinventingmoney.com/documents/StuderbookCritique.pdf (Zugriff am 09.07.2011).
Riegel, Edwin Clarence (1973): Flight from Inflation, Los Angeles.

Videos 1

Fernsehbericht über die WIR Bank von RAI3, online unter: http://www.atcoop.com/WIR_Video_3.htm.
Money as Debt, online unter: http://www.moneyasdebt.net/. Mit deutschen Untertiteln online unter: http://video.google.com/videoplay?docid=64339858772 67580603#.
The Essence of Money: A Medieval Tale, online unter: http://www.digitalcoin.info/The_Essence_of_Money.html oder unter: http://www.youtube.com/watch?v=qBXjaxMneo.

  1. Zugriffe am 09.07.2011
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